Den Deutschen droht eine Strompreiserhöhung wie seit zehn Jahren nicht mehr. Und das ist erst der Anfang: Bis zum Jahr 2030 kostet sie die Ökostrom-Förderung laut Studie mehr als 300 Milliarden Euro. Von Daniel Wetzel

Stromverbraucher werden für den Atomausstieg und die Energiewende immer stärker zur Kasse gebeten. Schon zum Jahreswechsel könnten die Strompreise in einer Größenordnung steigen wie seit zehn Jahren nicht mehr: um mehr als zehn Prozent. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ ist damit die Kostenbelastung der Bürger aber noch lange nicht zu Ende.

Die deutschen Netzbetreiber veröffentlichen am Montag ihre Prognose für die Entwicklung der Umlage im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zur Subventionierung von Ökostrom: Sie dürfte um rund 50 Prozent auf gut 5,3 Cent pro Kilowattstunde ansteigen. Grund für den ungewöhnlich starken Anstieg ist der ungesteuerte Ausbau der erneuerbaren Energien, den der Verbraucher über die Stromrechnung finanzieren muss.

Nur ein Zwischenschritt

Der Preissprung um durchschnittlich sechs Euro pro Monat und Privathaushalt aber ist nach Einschätzung der Bundesregierung nur ein Zwischenschritt. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte der „Welt am Sonntag“, er rechne mit einem deutlichen Anstieg der EEG-Umlage in den kommenden Jahren. „Die Schmerzgrenze ist für viele erreicht“, sagte Rösler. „Wir brauchen möglichst schnell eine radikale Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hin zu mehr Marktwirtschaft und damit Effizienz.“

Die jüngsten Vorschläge von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) zur Reform des EEG gingen nicht weit genug. Vor allem dauere die Umsetzung zu lange: „Jetzt sollen erst mal wieder Gespräche geführt und ein Beratergremium eingerichtet werden. Bis zur Wiedervorlage im Mai nächsten Jahres müssen schon wieder sieben Monate Stromrechnungen bezahlt werden. Die Menschen und Unternehmen wollen und können nicht so lange warten“, kritisierte Rösler.

Seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 ist die Stromrechnung der Verbraucher deutlich schneller geklettert als die Inflationsrate. Zahlte ein Dreipersonenhaushalt damals im Schnitt noch 40,60 Euro im Monat für Elektrizität, sind es heute bereits 75,08 Euro. Das ist ein Anstieg um rund 85 Prozent.

Verbände warnen vor „Energiearmut“

Während Sozialverbände bereits vor einer „Energiearmut“ in Deutschland warnen, klagt die Industrie über sich verschlechternde Standortbedingungen. Nach einer aktuellen Umfrage des Verbandes der industriellen Kraftwirtschaft (ViK) belegt Deutschland auf der Liste der höchsten Industriestrompreise der Welt bereits den vierten Platz.

In vielen Ländern Asiens oder Europas ist Elektrizität für Unternehmen um mehr als 30 Prozent billiger, in den USA oder Russland sogar um mehr als 50 Prozent. Investitionsentscheidungen, warnt der Industrieverband, drohen deshalb immer öfter an Deutschland vorbeizugehen.

Verbraucherschützer begrüßten zwar Altmaiers Kurs einer EEG-Reform im Konsens, verlangen aber eine sofortige Reduzierung der extrem teuren Ausbaupläne für Offshore-Windenergie. Holger Krawinkel, Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, sagte der „Welt am Sonntag“, je nach Ausbauvariante für Offshore-Windkraft und Fotovoltaik könnten die Strompreise in den kommenden zehn Jahren „noch um weitere 30 bis 50 Prozent steigen“.

Wissenschaftler sind pessimistisch

Der Verbraucherschützer kritisierte, dass die Bundesregierung die teuersten Ökostrom-Arten am stärksten fördere. Allein im nächsten Jahr würden die Verbraucher erneuerbare Energien mit rund 20 Milliarden Euro subventionieren.

„Wenn wir diese Summe komplett in die derzeit günstigste Technologie Onshore-Windkraft investiert hätten, könnten wir theoretisch heute schon die Energiewende mit 100 Prozent erneuerbarer Energien erfolgreich abschließen“, sagte Krawinkel. „Dieses Rechenbeispiel zeigt, dass es deutlich kosteneffizienter ginge.“

Der pessimistische Blick auf die Kostenentwicklung wird von Wissenschaftlern geteilt. Nach einer aktuellen Studie der Technischen Universität Berlin werden die Verbraucher bis zum Jahr 2030 mehr als 300 Milliarden Euro für die Förderung von erneuerbaren Energien zahlen müssen.

Die Grünen erklärten, die Privatverbraucher entlasten zu wollen, indem man die Wirtschaft stärker belaste. Durch die Streichung von Privilegien für Großverbraucher beim Ökostrom ließe sich der Anstieg des Strompreises 2013 um einen Cent pro Kilowattstunde bremsen, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin in Berlin. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) reagierte „enttäuscht“ auf diesen Gegenvorschlag.

Quelle: die Welt http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article109820871/Preisexplosion-beim-Strom-beginnt-gerade-erst.html

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